Im Rahmen des Studium Generale sprach der Jurist, Journalist und Gründer des renommierten Verfassungsblogs im gut gefüllten Audimax über nichts Geringeres als die Verteidigung des liberalen Rechtsstaats – und darüber wie fragil dieser geworden ist. Die Bedrohung? Kommt nicht laut und martialisch, sondern leise, strategisch, systematisch. Und oft demokratisch legitimiert. Steinbeis zeigte Mittel und Methoden auf wie autoritäre Populisten durch gezielte Strategien den liberalen Rechtsstaat aushöhlen – und was in Deutschland konkret auf dem Spiel steht.
Was in Ungarn unter Viktor Orbán bereits Realität ist – etwa der Umbau der Verfassung und Justiz durch die Fidesz-Partei – findet Nachahmer: In Italien, in Belgien – und zunehmend auch in Deutschland. Dabei zeigt sich: Die Mechanismen sind nicht neu, sondern vielfach erprobt. Steinbeis selbst hatte bereits vor fünf Jahren in seinem Szenario des „Volkskanzlers“ aufgezeigt, wie ein populistischer Regierungschef die Gewaltenteilung aushebeln und die Handlungsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts systematisch schwächen könnte. Schritt für Schritt, formal korrekt, aber mit klarer autoritärer Stoßrichtung.
Was theoretisch klingt, ist praktisch längst im Gange: In Thüringen etwa blockiert die AfD durch eine Sperrminorität im Richterwahlausschuss seit Monaten die Neubesetzung von Justizstellen. Das Ergebnis: eine politische Geiselnahme wichtiger Institutionen aus der Opposition heraus. Auch auf Bundesebene wurde diskutiert, ob eine einfache Parlamentsmehrheit genutzt werden könnte, um zentrale Verfahrensgrundlagen des Bundesverfassungsgerichts zu verändern – etwa durch die Einführung eines dritten Senats mit strategisch besetzten Richterposten. Diese Gefahr wurde jedoch erkannt: Im Dezember 2024 beschloss der Bundestag mit breiter Mehrheit eine Verfassungsänderung, die zentrale Regeln zur Besetzung des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz verankert – und so politischer Willkür eine Grenze setzte.
Steinbeis ist keiner, der nur beschreibt – er interveniert. Seit fast 15 Jahren dokumentiert er mit seinem Blog, wie gefährdet die Resilienz demokratischer Institutionen ist – und wie autoritäre Strategien grenzüberschreitend adaptiert werden. Die Anfänge seines Engagements reichen ins Jahr 2010 zurück: Aus einer kleinen WordPress-Plattform wurde ein internationales Forum rechtswissenschaftlicher Analyse mit Beiträgen aus der ganzen Welt.
Doch Steinbeis bleibt nicht im Digitalen. Zuletzt organisierte er – gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Team – über 150 Gespräche mit Akteurinnen und Akteuren der Landespolitik in Thüringen. Ziel: Verwundbarkeiten identifizieren, Sensibilität schaffen und konkrete Gegenstrategien entwickeln. Die daraus entstandenen Empfehlungen wurden noch vor der letzten Landtagswahl als Policy Paper veröffentlicht.
Sein Vortrag an der Hochschule Pforzheim machte deutlich: Demokratie braucht nicht nur juristische, sondern gesellschaftliche Wachsamkeit. „Es reicht nicht, abzuwarten, was passiert. Gerade Juristinnen und Juristen sagen oft: Ich brauche erst einen Fall, um mir eine Meinung zu bilden. Aber hier müssen wir antizipativ denken – und handeln, solange noch Spielräume bestehen“, so Steinbeis.
Die Lektion aus dem Blick nach Osteuropa ist klar: Autoritäre Schließung beginnt leise, folgt einer Trichterlogik – und lässt den Raum für demokratisches Handeln zunehmend schrumpfen. Wer diesen Prozess aufhalten will, muss Institutionen stärken, sich organisieren, solidarisch handeln und über Parteigrenzen hinweg Verantwortung übernehmen. „Wie weit diese Strategien fortschreiten, ist keine rechtliche oder kulturelle Frage, sondern eine politische Frage und über die entscheiden wir alle“, so der Weckruf des Experten.
Die Hochschule Pforzheim mit ihren drei Fakultäten – Gestaltung, Technik sowie Wirtschaft und Recht – genießt einen erstklassigen Ruf. Die Fakultäten verbinden Kreativität mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung und technischer Präzision. Diese Kombination macht die Hochschule auch zu einem attraktiven Wissenschafts- und Forschungspartner für die regionale und überregionale Wirtschaft. Mit rund 6.200 Studierenden ist Pforzheim eine der größten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften des Landes Baden-Württemberg.
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