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NORDMETALL-Konjunkturumfrage: Zweistellige Umsatzeinbrüche und drohende Insolvenzen in norddeutscher Metall- und Elektroindustrie

NORDMETALL-Konjunkturumfrage: Zweistellige Umsatzeinbrüche und drohende Insolvenzen in norddeutscher Metall- und Elektroindustrie Posted on 21. April 2020

NORDMETALL-Präsident Thomas Lambusch hat heute in einer Video-Pressekonferenz die Ergebnisse der Frühjahrs-Konjunkturumfrage 2020 vorgestellt, die unter den 670 Mitgliedsfirmen von NORDMETALL und dem Schwesterverband AGV NORD in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, dem nordwestlichen Niedersachsen und Schleswig-Holstein erhoben wurde. „Die norddeutsche M+E-Industrie steuert durch die Corona-Krise auf einen Strukturbruch mit weitreichenden Folgen zu“, bilanzierte der Rostocker Unternehmer die Resultate.

51 Prozent der Mitgliedsunternehmen ordnen die Geschäftslage als unbefriedigend oder schlecht ein, ein Negativrekord in den vergangenen zehn Jahren. Die Kapazitätsauslastung sinkt mit 71,5 Prozent noch deutlich unter den bisherigen Tiefstwert aus der Finanzkrise 2010. 73 Prozent der Betriebe erwarten im nächsten halben Jahr Umsatzeinbußen, fast die Hälfte in zweistelliger Größenordnung. Ursache ist die Corona-Krise mit ihren Folgen: Fast 40 Prozent der Unternehmen erlitten dadurch bereits Produktions- und Lieferausfälle. Der durchgehend negative Trend manifestiert sich besonders in der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern, bei Flugzeug- und Schiffbauern sowie den Gießereien.

Trotz der Krise wollen 67 Prozent der Betriebe ihre Belegschaften halten, nur 25 Prozent planen Personal abzubauen. Ursache dafür sind die stark genutzten Kurzarbeiterregeln: 34 Prozent der norddeutschen M+E-Betriebe hat bereits Kurzarbeit eingeführt, insgesamt 53 Prozent planen es in diesen Wochen. Ein Viertel aller Unternehmen sieht sich in weniger als einem halben Jahr von Insolvenz bedroht.

„Die Lage ist dramatisch und mit einem vorübergehenden Konjunktureinbruch wie noch im vergangenen Herbst absolut nicht zu vergleichen“, bewertete Lambusch die Ergebnisse. „Der Shutdown in weiten Teilen der Welt, das plötzliche Wegbrechen zentraler Absatzmärkte in China, den USA und Europa, die unterbrochenen Lieferketten und die eingeschränkte Produktion sind Ursachen der Krise.“ Lambusch dankte den rund 140.000 Beschäftigten in der norddeutschen Industrie für ihre umsichtige Reaktion auf veränderte Produktionsabläufe oder ihre Bereitschaft zu kurzfristig angesetzter Kurzarbeit. Die Politik habe dies mit rasch verbesserten Kurzarbeiterregeln ermöglicht, die die Unternehmen nun in sozialer Verantwortung für ihre Mitarbeiter umsetzen würden.

„Das unterscheidet unsere funktionierende soziale Marktwirtschaft von vielen anderen Teilen der Welt“, lobte Lambusch. Der NORDMETALL-Präsident  bedankte sich auch bei der IG Metall Küste, die in dieser Situation einen schnellen Tarifabschluss ohne Entgeltsteigerungen und mit neuen Möglichkeiten zum Einsatz von Arbeitszeitkonten mitgetragen habe. All das komme jetzt den Betrieben und Beschäftigten unmittelbar zugute und helfe, Standorte und Arbeitsplätze zu sichern.

Wie schnell die Krise zu überwinden sei und mit welchen einschneidenden Folgen, sei im Moment nur ansatzweise absehbar, betonte Lambusch. „Klar ist, dass unsere Unternehmen einen wirksamen Arbeitsschutz herstellen werden, sobald die Politik die Versorgung mit Schutzmaterial sicherstellt. Hier besteht Aufholbedarf“, so der NORDMETALL-Präsident: „Die Gesundheit unserer Belegschaften hat oberste Priorität, aber die Schutzmaßnahmen müssen auch angemessen und leistbar sein.“

Aus der Krise ergäben sich Gefahren für den Bestand ganzer Industriezweige im Norden,  sagte Lambusch weiter. „Wenn die Existenz großer Airlines und Kreuzfahrtanbieter in Frage steht, wird das sehr rasch Auswirkungen auf Werften und Flugzeugbauer haben. Wir werden auf Gewerkschaft und Politik zugehen, um hier frühzeitig einen Schulterschluss zugunsten bedrohter Industriezweige herzustellen“, kündigte der NORDMETALL-Präsident an.

Der durch die Corona-Krise beschleunigte Strukturwandel mache an vielen Stellen ein Umdenken erforderlich. Geschäftsmodelle müssten überprüft, Branchen ggf. insgesamt neu ausgerichtet werden. Auf der Makroebene sei nach dem schrittweisen Wiederhochfahren der Produktion in den nächsten Monaten nicht nur ein gezieltes Aufbauprogramm vonnöten, sondern auch zusätzliche Konsolidierungsanstrengungen, um die in der Krise aufgebauten Schuldenberge wieder abzutragen. Auch dem Thema Nachhaltigkeit komme besondere Bedeutung zu, was nicht nur die ökologischen Lasten für die Umwelt, sondern auch die finanziellen Lasten für nachfolgende Generationen betreffe. Es müsse darauf geachtet werden, dass der Ruf nach umweltgerechterer und Lieferketten-unabhängigerer Produktion den ohnehin gebeutelten Unternehmen nicht noch zusätzliche Kosten aufbürde. „Die Politik darf der Wirtschaft nun keine neuen Lasten mehr für soziale Wohltaten oder Klimaschutz auferlegen, sondern muss sie gezielt unterstützen und entlasten. Anders ist  die Herkulesaufgabe der Corona-Krisenbewältigung nicht zu bewältigen“, bilanzierte Thomas Lambusch.

Die M+E-Arbeitgeber im Norden befragen ihre Mitgliedsunternehmen halbjährlich nach Geschäftslage und Zukunftserwartungen. In diesem Frühjahr nahmen 152 Unternehmen mit ca. 50.500 Beschäftigten daran teil. Die Einzelergebnisse nach Bundesländern sowie Grafiken finden Sie unter www.meinarbeitgeberverband.de/konjunktur.

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