Die Sorgen seien jedoch längst nicht beseitigt. Viele befürchten, dass die hohe Inflation in nächster Zeit nicht nachlassen werde und die positiv aufgenommenen Oktoberwerte falsche Hoffnungen erzeugen könnten. Nach Ansicht der Experten hätten die Fed und die EZB noch viel Arbeit vor sich.
Inflation ist volatil
„Wir sind grundsätzlich der Ansicht, dass die Daten eines einzigen Monats eine zu geringe Aussagekraft besitzen“, so Grüner. „Statt sich mit rückwärtsgerichteten Inflationsdaten zu befassen, die keine Prognose für die Zukunft zulassen, sollte der Blick auf die nahe Zukunft gerichtet werden.“ Hierbei sieht Grüner zunehmende Anzeichen für eine Verlangsamung der Inflation, wodurch eine der hartnäckigsten Befürchtungen dieses Börsenjahres endlich schwinden könne.
Die Hoffnung ist berechtigt
M4, die breit gefasste US-Messgröße für die Geldmenge, sei seit geraumer Zeit rückläufig. Zuletzt sei die Wachstumsrate auf 1,9 Prozent (Jahressicht) zurückgegangen. Der Druck auf die Lieferketten, ausgedrückt über den Global Supply Chain Pressure Index, habe sich spürbar verringert. „Im Hinblick auf die Inputpreise zeigen die jüngsten Umfragen des ISM, dass Unternehmen sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor tendenziell sinkende Preise erwarten“, erläutert Grüner. Auch die Märkte würden den wahrscheinlich nachlassenden Inflationsdruck widerspiegeln: Die Differenz zwischen den Renditen fünfjähriger Staatsanleihen und inflationsgeschützten Wertpapieren betrage demnach nur noch 2,3 Prozent. Die US-Mietpreise seien rückläufig, der Aufwärtsdruck auf die internationalen Lebensmittelpreise lasse nach und es würde eine ganze Reihe von Datenpunkten existieren, die eine Verlangsamung der Inflation nahelegen.
Positioniert für die Erholung
„Die Inflation war ein wichtiger Einflussfaktor, der die Stimmung in diesem Jahr stark eingetrübt hat“, meint Grüner. „Aktienanleger haben im Börsenjahr 2022 diesbezüglich eine schwierige Zeit erlebt. Wir glauben aber nicht, dass die Inflation selbst die Ursache für die nachhaltige Abwärtsbewegung war.“ Schließlich habe die US-Wirtschaft trotz weit verbreiteter Ängste eine Rezession (bisher) vermieden – und eine bevorstehende Rezession in den kommenden Quartalen sei auch noch längst keine ausgemachte Sache. In der Zwischenzeit seien die Gewinnmargen der Unternehmen und die Investitionen sehr robust geblieben. „Doch nun deuten Anzeichen für ein Nachlassen des Inflationsdrucks darauf hin, dass der Pessimismus im Hinblick auf die zukünftige Inflation überholt sein könnte – dadurch wird die vorteilhafte Situation erzeugt, dass die Realität beste Chancen hat, die niedrige Erwartungshaltung zu übertreffen“, analysiert Grüner.
Fazit
Das Börsenjahr 2022 sei für Anleger bisher eine harte Geduldsprobe gewesen, jetzt keime im Rahmen der nachlassenden Inflationsangst neue Hoffnung auf. So schnell würden sich viele Marktbeobachter allerdings nicht von ihrer pessimistischen Haltung lösen können, volatile Zahlen würden immer wieder neue Sorgen befeuern. „Die Rahmenbedingungen für eine spürbare Erleichterung sind jedoch gesetzt“, resümiert Grüner. „Die Aktienmärkte werden mit ihrer Erholungsbewegung wie üblich nicht darauf warten, bis die Mehrheit der Anleger wieder ins Lager der Optimisten gewechselt hat.“
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